Auf den ersten Blick spricht einiges dafür, lieber ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen anstatt zu mieten. Auf den zweiten, genaueren Blick jedoch, erkennt man, dass es auf lange Sicht – finanziell gesehen – sogar günstiger ist, eine Immobilie zu mieten. Klingt absurd? Nicht, wenn man ein paar wichtige Zahlen kennt.
Zugegeben, die derzeit sehr niedrigen Darlehenszinsen klingen durchaus verführerisch, wenn man gerade mit dem Gedanken spielt, ob das nächste Zuhause eine Eigentumswohnung oder doch wieder eine Mietwohnung werden soll. Außerdem haben wir es ja so vorgelebt bekommen: Kauf dir eine Wohnung, dann hast du eine Absicherung fürs Alter. Dieser Gedanke ist freilich nicht zu unterschätzen, gibt eine abbezahlte Wohnung oder gar ein Haus doch ein sicheres Gefühl. Auch können sich viele nicht vom Klischeedenken „Haus, Kinder, Hund“ freimachen. Man wiegt sich in dem sicheren Gefühl, dass eine gekaufte Immobilie ein gutes Investment ist. Endlich muss man dem Vermieter kein Geld mehr in den Rachen werfen, denken sich wohl viele.
Dabei muss sorgfältig abgewogen werden: Wem gibt man sein Geld lieber – dem Vermieter oder der Bank? Ist es sinnvoller, seine Immobilien in Raten abzubezahlen anstatt monatlich einen oft geringeren Betrag an Miete zu überweisen? Bei letzterem spielt das Gefühl eine Rolle, das Geld sei dann einfach weg. Und nicht wie bei der Ratenzahlung, gut angelegt. Aber genug der Gefühle. Die harten Fakten sprechen bei der Frage, ob man lieber eine Wohnung mieten oder kaufen sollte, eine andere Sprache.
Eigentum verpflichtet
Was häufig beim Wohnungskauf nicht bedacht wird, sind die zusätzlich anfallenden Kosten. Kauft man eine Wohnung innerhalb eines Objekts, ist man verpflichtet, der Eigentümergemeinschaft beizutreten und Hausgeld zu zahlen.
Beispiel: Ein Objekt besteht aus zehn Parteien. Dabei gehören neun Parteien einer Person und eine Partei einer anderen Person. In diesem Fall schreibt das Gesetz vor, dass die investierenden Personen eine Gemeinschaftsverwaltung bestellen und eine Eigentümergemeinschaft bilden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Eigentümer in der Immobilie wohnen oder nicht.
Die Instandhaltungsrücklage kann dann für eventuell anfallende Reparaturen verwendet werden. Die Crux bei der zu zahlenden Instandhaltungsrücklage ist jedoch, dass diese nur für das Gemeinschaftseigentum aufgewendet wird. Das betrifft z.B. die Heizung, das Dach, das Treppenhaus, den Vorgarten, den Anstrich von außen, also alles, was die Gemeinschaft nutzt und betrifft. Sobald aber beispielsweise Reparaturen innerhalb der Wohnung anfallen, kommen weitere Kosten hinzu. Hat man sich für einen Hauskauf für die Eigennutzung entschieden, ist die Sachlage noch mal etwas anders: Hier gibt es natürlich keine Instandhaltungsrücklage und sämtliche Reparaturen oder Erneuerungen müssen selbstständig geleistet werden.
Weniger Verantwortung bei Mietwohnung
Entscheidet man sich dafür, eine Wohnung zu mieten, kann man die gesamte Verantwortung dem Vermieter zuschieben. Bei anstehenden Reparaturen kann dann einfach bei der Hausverwaltung oder dem Vermieter angerufen werden. Ein grundsätzlicher Vorteil bei einer Mietwohnung besteht also schon mal schlicht darin, dass neben der Miete keine weiteren Kosten anfallen.
Wie viel mehr kostet eine Eigentumswohnung?
Die Folgekosten für eine gekaufte Immobilie lassen sich in einer Faustformel zusammenfassen. Die sogenannte Peterssche Formel besagt, dass in einem Zeitraum von 80 Jahren der 1,5-fache Herstellungswert des Gebäudes an Instandhaltung aufgebracht werden muss. Durchschnittliche Herstellungspreise liegen pro Quadratmeter aktuell bei 1.700€ – 2.500€. Dabei ist nicht von Bedeutung, wo die Immobilie steht, da diese Kosten durch den Bau des Objekts entstehen.
Ein Rechenbeispiel:
Der Kaufpreis für eine 80qm-Wohnung liegt bei 400.000€.
Der Herstellungspreis (bei 2.100€ pro qm) liegt bei 168.000€ für diese Wohnung.
Die Instandhaltungskosten liegen nach 80 Jahren bei 252.000€, die zum Kaufpreis noch addiert werden müssen.
Zugegeben, 80 Jahre wohnt man im Normalfall nicht in der Wohnung oder dem Haus, das man selbst gekauft hat. Geht man aber von realistischen 40 Jahren aus, die man die Immobilie besitzt, sind das trotzdem noch Kosten von 126.000€, also einem Gesamtpreis für die Wohnung von 526.000€ entgegen den ursprünglich erwarteten 400.000€.
Wo komm ich besser weg: Miete oder Darlehensrate?
Das Gefühl ist nachvollziehbar: Wenn ich jeden Monat Miete zahle, könnte ich doch die gleiche Summe in Form einer Rate für mein Darlehen verwenden. Die Gleichsetzung von Miete mit Darlehensrate ist allerdings nicht ganz korrekt.
Obwohl derzeit eine Finanzierung ab 1% möglich ist, weil wir uns in einer historischen Niedrigzinsphase befinden, lag der Zins auch schon mal bei 11%.
Rechenbeispiel:
Eine 400.000€-Immobilie wird über eine Zeit von 29 Jahren mit einem Durchschnittszins von 3,5% finanziert.
(29 Jahre ist die Standardlaufzeit bei 3,5% Zins und 2% Tilgung, d.h. jedes Jahr tilge ich 2% meines Darlehens. Nach 29 Jahren ist das Darlehen komplett getilgt.)
Eine monatliche Rate würde dann 1.833€ betragen, die Nebenkosten noch nicht eingeschlossen.
Die Instandhaltungskosten von 126.000€ aus dem Rechenbeispiel zuvor, sind dabei noch gar nicht eingerechnet, was zusätzlich pro Monat 262,50€ entsprechen würde. Insgesamt läge man dann bei monatlich knapp 2.100€, ohne Nebenkosten.
Im Vergleich dazu kostet eine Mietwohnung in Hamburg je nach Lage 1.100€-1.500€, inklusive Nebenkosten. Das bedeutet, die Miete liegt selbst über so einen langen Zeitraum gerechnet deutlich unter der theoretischen Darlehensrate.
Das zurückgeführte Kapital für die 400.000€-Wohnung beträgt dann inklusive Zinsen und Tilgung 637.000€. Rechnet man die Instandhaltungskosten über die Laufzeit noch hinzu, liegt man schon bei ca. 731.500€ für die 400.000€-Immobilie.
Wer also derzeit mit dem Gedanken spielt, sich eine Immobilie zu kaufen, anstatt ein Haus oder eine Wohnung zu mieten, dem sei geraten: Erst mal vorher durchrechnen.
Ist der Stadtrand die Lösung? Mehrkosten beim Hauskauf
Auch wenn die Kosten für eine Eigentumswohnung oder ein Haus am Stadtrand oder in einem Vorort niedriger sind, tappt man auch hier eventuell in eine Falle. Denn schnell stellt sich dann zum Beispiel die Frage nach einem zweiten Auto. Oft sind Einkaufsmöglichkeiten zu weit entfernt, Kinder müssen zur Schule oder zum Sport gefahren werden oder der Weg zur Arbeit ist bedeutend länger als von einer Stadtwohnung aus.
Hinzu kommt, dass das Haus, das man sich dann als kleine oder wachsende Familie kauft, oft mehr als 80 Quadratmeter hat, vermutlich eher 140-150qm. Dementsprechend fallen noch mal eine Menge an Kosten für die Einrichtung an.
Konsum anstatt Ratenzahlung
Um die Kontrolle über sein Geld zu behalten ist jedoch die Ratenzahlung der sicherere Weg. Der Mieter zahlt im Vergleich zum Besitzer derselben Wohnung in unserem Beispiel rund 1.000€ mehr. Dieses Geld kann der Mieter einer Wohnung monatlich verkonsumieren während der Wohnungsbesitzer dieses Geld investiert.
Allerdings sind auch die hohen Transaktionskosten, also Kaufnebenkosten, nicht zu vernachlässigen.
Kaufnebenkosten einkalkulieren
Steht man vor der Frage, ob man eine Wohnung kaufen oder mieten soll, ist auch von Bedeutung, in welchem Bundesland man seine Immobilie erwirbt. Während Sachsen und Bayern eine Grunderwerbssteuer von 3,5% hat, liegt diese in Berlin zum Beispiel bei 6%.
Zusätzlich verlangt der Makler, falls einer involviert ist, beim Kauf einer Immobilie in der Regel um die 6%. Damit liegen die Transaktionskosten – die 2% Notarkosten schon eingerechnet – bei 5,5% bis 14,5%.
Geht man von einem Kaufpreis von 400.000€ aus, belaufen sich die Kaufnebenkosten auf zusätzliche 22.000€ bis 58.000€, die direkt beim Kauf der Wohnung einberechnet werden sollten, denn die Bank finanziert diesen Teil in der Regel nicht mit.
Mieter sparen mehr
Würde man sich die Transaktionskosten „sparen“, weil man eine Wohnung mietet anstatt zu kaufen, beläuft sich dieses Kapital, wenn wir von einer durchschnittlichen Summe von 40.000€ ausgehen, nach 29 Jahren bei 4% Verzinsung auf etwa 125.000€.
Würde man dann das Gap von 1.100€ einrechnen, hätte man nach 29 Jahren bei einer Wertentwicklung von 4% ein Kapital von etwa 588.000€. Geht man von 6% Wertentwicklung aus, liegt man schon bei 782.000. Und nimmt man eine Wertentwicklung von 8% an, liegt man schon bei über eine Million (1,05 Mio. €).
Nimmt man das Eigenheim als Beispiel und geht von einer Wertentwicklung in Höhe der Inflation aus (2%), wäre die eigengenutzte Immobilie nach 29 Jahren 710.000€ wert. Damit wäre man ungefähr bei den Kosten, die das Darlehen inklusive Zinsen verursacht hat. Allerdings muss man beachten, dass man bei einer gekauften Wohnung, die man selbst nutzt, so gut wie keine Steuervorteile hat.
Dagegen kann man bei einer vermieteten Immobilie beispielsweise die Nebenkosten (Hausverwaltung, Baumaßnahmen) oder die Darlehenszinsen steuerlich absetzen.
Wenn jedoch diese beiden Varianten verglichen werden und derjenige, der zur Miete wohnt sein Kapital weder schlau investiert noch monatlich etwas anspart, sondern es verkonsumiert, steht er im Vergleich zum Eigenheimbesitzer schlechter da. Denn dieser ist verpflichtet, seine Rate für das Objekt zu zahlen und kann es somit nicht ausgeben.
Vorsicht! Für Reserven sorgen!
Oft wird auch der Fehler gemacht, sämtliches Eigenkapital plus das von Eltern oder Großeltern in das Eigenheim zu stecken. Wenn dann aber Anschaffungen anstehen, wie eine neue Waschmaschine, Autoreparatur oder nötige Maßnahmen am Objekt, dann müssen diese „Kleinigkeiten“ auf Raten finanziert werden, weil keine Rücklagen mehr vorhanden sind. Diese Eventualitäten sollten stets einberechnet werden, bevor man eine Immobilie kaufen möchte. Auch muss man sich vorher fragen, ob trotz des Kaufs der Immobilie für die kommenden Jahre noch genügend Geld übrig ist, damit man auch mal hin und wieder in den Urlaub fahren kann oder ob die Ratenzahlung sämtliches Geld verschlingen wird, sodass die Lebensqualität zu sehr leidet.
Zusätzlich steht die Frage im Raum, ob man sich wirklich für die nächsten 20, 30 oder 40 Jahre an einen Ort binden will oder ob die Arbeit möglicherweise geographische Flexibilität einfordert. Bei einer eigengenutzten Immobilie ist diese Frage natürlich dringlicher als bei einer Wohnung, die man zur Vermietung freigibt.
Es gibt also beim Investment in eine Wohnung oder ein Haus einige Eventualitäten, die möglichst vorher einkalkuliert werden sollten. Wohnung mieten oder Wohnung kaufen? Bis diese Entscheidung gefällt ist, müssen einige Hürden gedanklich übersprungen werden. Von der Schuldenlast über den Druck eines dauerhaft geregelten Einkommens bis hin zur kaputten Waschmaschine. Wenn aber alles gut durchdacht und einem klar ist, welche Konsequenzen und Kosten dieses Projekt verursacht und es noch immer attraktiv ist, dann steht dem Kauf einer eigengenutzten Immobilie auch nichts im Wege.
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