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Ein Blick hinter die Kulissen – Festzinsfinanzierung versus variable Finanzierung

Vielleicht gehörst auch du zu den Menschen, die festverzinsliche Verträge mit langen Laufzeiten gegenüber einer variablen Finanzierung bevorzugen. Aber ist nicht eine gewisse Skepsis angebracht, wenn dich die Banken genau dazu ermutigen? Die deutschen Banken haben es geschafft, dem klassischen Darlehensnehmer die langjährige Zinsbindung als Vorteil zu verkaufen. Viele denken sogar, je länger die Laufzeit ist, desto besser: Immerhin lässt sich somit exakt berechnen, wann die Immobilie abbezahlt sein wird. Nicht nur Eigenheimkäufer, sondern auch Kapitalanlegern unterläuft dieser Denkfehler. Um es auf den Punkt zu bringen: Wer wirklich von einer langjährigen Festzinsfinanzierung profitiert, sind die Banken. Für dich als Kunde hingegen ist es eine scheinbare Sicherheit, die jede Menge Probleme mit sich bringen kann. Stattdessen solltest du eine flexible oder variable Finanzierung anstreben.

Die Nachteile einer Festzinsfinanzierung

1. Der Zinssatz ist meistens höher als bei einer variablen Finanzierung

Eine Festpreisfinanzierung beinhaltet den gleichen Zinssatz für einen zuvor definierten Zeitraum. Die Erfahrung der letzten 30 Jahre hat aber gezeigt, dass variable Finanzierungen über den gesamten Zeitraum betrachtet günstiger waren.

2. Durch Tilgung sinkt das Risiko

Wenn du eine anfängliche Tilgung von 3 Prozent vereinbarst, hast du nach etwa 3 Jahren schon 10 Prozent getilgt und nach 7 Jahren mehr als 20 Prozent. Die Konditionen, die du heute bekommst, sind auf Basis einer Kaufpreisfinanzierung (100 Prozent des Kaufpreises ohne Kaufnebenkosten). Wenn du beispielsweise nach 3 oder 7 Jahre umschuldest, bekommst du zu dem Zeitpunkt allein schon durch die Tilgung bessere Kondition (90 Prozent oder 80 Prozent des Kaufpreises). Wenn du zudem das Objekt aufwertest und die Miete steigerst, sieht es noch besser aus. Bei der Zinsfestschreibung hast du nach 8 Jahren immer noch die 100-Prozent-Konditionen.

3. Festverträge können in der Hochzinsphase auslaufen

Wenn deine Zinsbindung in einer Hochzinsphase ausläuft, hast du ein Problem. Du kannst erst zu dem Zeitpunkt reagieren, in dem die Zinsbindung ausläuft. Deswegen solltest du eine Zinsfestschreibung immer über 15 Jahre wählen. Denn nach 10 Jahren kannst du das Darlehen unabhängig von der Zinsbindung immer ordentlich kündigen, die Bank aber nicht. Manche Banken umgehen das, indem sie 10 Jahre fest und eine Option auf weitere 5 Jahre zu einem vorher definierten Zins anbieten. Bei der flexiblen Finanzierung kannst du bei drohendem Zinsanstieg eine Festschreibung wählen oder über Derivate das Zinsrisiko absichern.

4. Du bist nicht flexibel

Der größte Nachteil einer Festzinsfinanzierung ist die fehlende Flexibilität. Wenn du vorzeitig aussteigen möchtest, drohen dir hohe Vorfälligkeitsentschädigungen. Manche Dinge im Leben sind jedoch nicht planbar, beispielsweise ein Notverkauf nach einer Krankheit oder einer Scheidung. Auch wenn du außerplanmäßige Sondertilgungen vornimmst oder Nachbeleihungen benötigst, bist du bei einer Festpreisfinanzierung im Nachteil. Manchmal ist es erforderlich, dass die Konditionen verändert werden, beispielsweise, wenn du deinen Job wechselst und die Tilgungshöhe deinem veränderten Verdienst anpassen möchtest. Hier erfährst du mehr über eine Immobilieninvestition.

Eine variable Finanzierung ist oftmals von Vorteil, weil dies bei variablen Darlehen möglich ist, nicht jedoch bei Festverträgen (mit Ausnahme bei der Ing Diba, Redaktionstand Mai 2018: Aktuell standardmäßig zweimal in der Laufzeit kostenlos, ansonsten gegen Gebühr). Als Immobilieninvestor profitierst du mit einer variablen Finanzierung von größtmöglicher Flexibilität. Manchmal möchtest du vielleicht ein hervorragendes Verkaufsangebot wahrnehmen, oder es stehen Sondertilgungen oder Umfinanzierungen an. Wer jetzt immer noch Angst vor variablen Verträgen hat, kann zumindest einen Teil variabel finanzieren und einen anderen Teil fest. Der Mischzins aus den beiden Darlehen ist meistens günstiger und eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt niedriger aus.

Grund für Festverträge

Der einzig wirklich wichtige Grund für Festverträge sind hohe Einkaufspreise, wie sie oftmals bei Neubau und Denkmalsanierungen anzutreffen sind. Hier besteht meist nur eine magere Mietrendite, sodass bei höheren Zinsen die Haushaltsrechnung ins Wanken kommt. Seit es die Wohnungsbaukreditrichtlinie gibt und die Restschuld mit der 8-prozentigen Annuität hochgerechnet wird, hast du mit langen Laufzeiten und dementsprechend hoher Tilgung einen niedrigen fiktiven Kapitaldienst in der Haushaltsrechnung. Denn die 8-Prozent-Annuität wird in den meisten Fällen auf die Restschuld nach Zinsbindung berechnet.

Bei langer Zinsbindung ist die Restschuld geringer und somit auch die 8-Prozent-Annuität. Doch was passiert, wenn es tatsächlich eine Zinswende gibt? Hier hilft ein Blick auf die Zinszyklen der letzten Jahre. Wenn ein Anstieg zu erwarten ist, kannst du einfach deine variable Finanzierung in ein Festdarlehen umwandeln. Die meisten Banken bieten keine variablen Darlehen an und fangen erst ab 5 Jahren Zinsbindung an. Es gibt zwar Banken, die diese Frist verkürzen, allerdings ist hier der Zins meist etwas höher, da die Bank die Stückkosten in kürzerer Laufzeit hereinholen muss. Warum? Eine variable Finanzierung kannst du am nächsten Tag umschulden oder verkaufen und die Bank würde in diesem Fall auf den Stückkosten sitzenbleiben.

Was passiert, wenn die Zinsbindung ausläuft?

Wenn die 5-jährige Zinsbindung ausläuft, musst du den Restbetrag nicht an die Bank zurückzahlen. Das Darlehen läuft dann wieder variabel weiter. Bei gewerblichen Verträgen können andere Konditionen bestehen. Wenn du dein erstes Objekt finanzierst, wird es wahrscheinlich schwierig werden, die variable Finanzierung durchzusetzen. Manchmal liegen die variablen Zinsen auch über den Konditionen für langfristige Zinsfestschreibungen. Damit will die Bank erzielen, dass du von der flexiblen Finanzierung Abstand nimmst. Erst wenn du dir ein Immobilienportfolio aufgebaut hast, dir gute Bankkontakte generiert hast oder du höhere Summen aufnimmst, entfaltet die variable Strategie ihre ganzen Vorteile. Denn die Bank weiß nie, wann du das Objekt verkaufst oder zu einer anderen Bank wechselst. Bei einem festgeschriebenen Zins kann sie hingehen den Gewinn fest einplanen.

Variable Finanzierung: Wie entsteht der Zins?

EURIBOR steht für EURo InterBank Offered Rate und bezeichnet einen gewissen Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen. Die aktuelle Rate findest du hier. Er liegt entweder leicht über oder unter dem Leitzins der EZB. Wenn du dich für die variable Strategie entscheidest, wirst du in der Regel Darlehen nutzen, die sich am 3-Monats-EURIBOR orientieren. Selbstverständlich will die Bank daran etwas verdienen und wird bei Wohnimmobilien Margen oder Risikoaufschläge von ca. 0,9 bis 1,5 Prozent addieren.

Variable Finanzierung: Absicherung durch Derivate?

Du kannst zum Beispiel einen Zins-Cap kaufen und mit Hilfe dieser Prämie innerhalb eines gewünschten Zeitraums deinen Zinssatz auf einen Maximalwert begrenzen. Solange der Zinssatz darunter liegt, bleibt deine Finanzierung variabel. Steigt der Zinssatz über den vereinbarten Wert, muss du allerdings nicht mehr bezahlen. Du musst das Derivat am Anfang der Laufzeit einmalig bezahlen. Einige Banken bieten im Kleinkreditbereich ausschließlich diese Kombination an, da sie an variablen Darlehen weniger verdienen und über das Cap zumindest eine Provision bekommen. Das Derivat ist zum Zeitpunkt der Zahlung voll steuerlich abzugsfähig. Meist wird ein Cap bei 2,5 bis 3,5 Prozent über 5 Jahre abgeschlossen.

Ein weiteres Instrument ist das Collar-Darlehen, das nicht so häufig anzutreffen ist. Bei diesem Darlehen ist der Zinssatz innerhalb eines zuvor definierten Rahmens variabel. Dieser Rahmen wird als Zinskorridor bezeichnet. Collar wurde aus den Wörtern Cap, womit die Zinsobergrenze bezeichnet wird, und Floor, die Zinsuntergrenze, entwickelt. Was passiert beim Collar-Darlehen, wenn sich der Kapitalmarktzins über diesen Rahmen hinaus nach oben oder unten ausdehnt? Er wird einfach gekappt. Du musst also niemals mehr bezahlen als den maximal vereinbarten Zinssatz, kannst aber auch nie weniger bezahlen als den minimal vereinbarten Zinssatz.

Ratendarlehen

Beim Ratendarlehen vereinbarst du einen festen Tilgungssatz. Deshalb sind deine Raten jeden Monat unterschiedlich. Je mehr du von deinem Kredit getilgt hast, desto weniger musst du an Zinsen bezahlen. Dieses Darlehen wird in der Praxis sehr selten abgeschlossen.

Endfällige Darlehen

Die Besonderheit hierbei ist, dass du während der Laufzeit nur Zinsen zahlst und keine Tilgungsleistungen erfolgen. Deine monatliche Rate verändert sich nicht. Sie enthält aber nur die Zinsen und keine Tilgung. Hier wird oft parallel ein Bausparvertrag abgeschlossen, der nach Ende der Zinsbindung zuteilungsreif ist und das Festdarlehen ablöst. Der Vorteil ist, dass über den gesamten Zeitraum durch eine gleichbleibende Zinslast die Werbungskosten für Zinsen in voller Höhe geltend gemacht werden können. Der große Nachteil sind die hohen Abschlusskosten (Bausparer und Darlehen) und bei Verkauf die hohe Vorfälligkeitsentschädigung, da nichts getilgt wurde und keine Sondertilgungsoption besteht.

Depots werden als Sicherheit nur noch selten akzeptiert. Wenn überhaupt, nur mit eingeschränkter Fondsauswahl und aufgrund der Schwankungen mit überproportionaler Sparrate. Kapital-Lebensversicherungen sind nach dem Wegfall der Steuerbefreiung 2005 und den niedrigen Zinsen bedeutungslos geworden. Banken bieten diese Form gerne an, da hier hohe Provisionseinnahmen locken. Durch den Bausparer findet die 8-Prozent-Annuität meist keine Anwendung, da die Restschuld durch den Bausparer abgelöst wird, bei dem die Raten bis zur vollen Rückzahlung feststehen.

Warum eine hohe Tilgung meistens keinen Sinn macht

Vielleicht ist dein erster Impuls beim Thema Tilgung, schnellstmöglich so viel wie möglich abzubezahlen, damit du in Kürze schuldenfrei bist. Dieser Denkansatz birgt jedoch gewisse Risiken. Denn Liquidität ist deine wichtigste Sicherheit. Wenn du eine hohe Tilgung vereinbarst, gibst du deine Liquidität bis zum Verkauf oder der Nachbeleihung unwiederbringlich aus den Händen. Diese Liquidität könntest du einsetzen, um neue Objekte und Modernisierungsmaßnahmen zu finanzieren oder Leerstand zu kompensieren.

Natürlich musst du dir dann auch das Geld für diese Zwecke beiseite legen. Im Idealfall setzt du den Tilgungssatz eher gering an, vereinbarst jedoch das Recht auf Sondertilgungsoptionen oder auch einen Tausch von Sicherheiten. Bei Kaufpreisfinanzierungen wollen die Banken standardmäßig 2 Prozent Tilgung, es gibt nur noch wenige, die 1 Prozent akzeptieren. Wichtig sind die Themen Sondertilgung und laufende Tilgung vor allem für Festdarlehen, da sich die Sondertilgung und zukünftige Tilgung auf die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung auswirkt.

Behalte die Steuern im Hinterkopf

Wie oben bereits beschrieben, ist diese ein wichtiges Element für die Wohnungsbaukreditrichtlinie, denn umso mehr du standardmäßig tilgst, umso geringer fällt die 8-Prozent-Annuität aus, die auf die Restschuld berechnet wird. Darüber hinaus solltest du steuerliche Aspekte bedenken. Wenn du auf dem Papier operative Gewinne erzielst, musst du Steuern an das Finanzamt zahlen. Da der Zinssatz immer nur auf den verbleibenden Kreditbetrag berechnet wird, ist dieser umso geringer, je mehr du tilgst. Somit hast du weniger Kosten, die steuerlich absetzbar sind.

Ist es sinnvoll, den Kredit ganz zurückzuzahlen? Es ist verständlich, dass du den Kredit am liebsten komplett abbezahlen möchtest, um frei von allen Darlehensverbindlichkeiten zu sein. Dies macht jedoch höchstens beim selbst genutzten Eigenheim Sinn, denn hier sind Zinsen echte Kosten, die nicht steuerlich absetzbar sind. Wenn du hingegen Immobilieninvestor bist, in Renditeobjekte investierst und diese anschließend vermietest, solltest du dich von dieser Strategie lösen.

Wenn der Kreditbetrag in etwa zwischen 60 bis 70 Prozent des Marktwertes liegt, ist es aus unserer Sicht optimal, denn das Objekt hat genug Sicherheitspotential, sowohl für die Bank als auch für dich in punkto Nachbeleihung oder Veräußerung. Zudem sind bei voller Tilgung keine Kreditzinsen abzusetzen. Vorsicht ist bei einer Nachbeleihung und freien Verwendung der Mittel geboten. Anders als es in vielen Immobilienbüchern steht, sind die Kreditzinsen dann nicht mehr absetzbar. Hier solltest du auf jeden Fall vorher mit deinem Steuerberater sprechen.

Fazit

Solltest du nun eine variable Finanzierung oder ein Festzinsdarlehen bevorzugen? Festdarlehen sind ein gutes Mittel, um die ersten ein bis zwei Eigentumswohnungen in guter Lage zu kaufen. Es sollte eine Zinsfestschreibung von mehr als 10 Jahren gewählt werden, um das Darlehen in einer Hochzinsphase noch länger halten zu können und nicht umfinanzieren zu müssen. Gleichzeitig kannst du selbst jährlich ordentlich kündigen. Als fortgeschrittener Investor ist die variable Finanzierung langfristig unabdingbar und sollte unbedingt ins Investoren-Repertoire aufgenommen werden.

Erik Renk
7. Mai 2018

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  1. So führst du bei deiner Immobilie die richtige Kaufpreisverhandlung - immlab - […] platzen nämlich an einer gescheiterten Finanzierung. Mehr zum Thema Finanzierung erfährst du hier. Du könntest dem Verkäufer beispielsweise sagen:…
  2. Die richtige Lagestrategie für deine Immobilie - immlab - […] in den 90ern gebaut oder zumindest kernsaniert worden sein. Eine andere Herausforderung ist die Finanzierung. Wenn du einen Großteil…

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