Wohnung kaufen oder mieten – Was macht mehr Sinn?

Der aktuelle Darlehenszins ist auf historischem Tiefststand. Vielen kommt dabei der Gedanke, sich eine Eigentumswohnung zuzulegen, in der sie selbst wohnen, anstatt dem Vermieter monatlich Geld in den Rachen zu werfen. Die Denkweise dabei ist, dass die Darlehensrate ähnlich hoch wie die Miete ist. Die Frage ist, ob es wirklich Sinn macht, sich eine Wohnung für den Eigenbedarf zu kaufen oder ob es bei einer solchen Überlegung zu Fehlern kommen kann. Oft höre ich das Argument, dass der Eigentümer lieber in seine eigene Tasche zahlt, anstatt dem Vermieter das Geld in den Rachen zu werfen. Im gleichen Atemzug wird oftmals die Altersvorsorge erwähnt, die damit wohl bedient sei. Diese Ansicht ist auf verschiedensten Ebenen nicht ganz richtig.

Eigentum verpflichtet – auch Eigentumswohnungen

Zum einen bedeutet Besitz immer auch Verantwortung. Diese Verantwortung bedeutet, dass ich für meine eigenen vier Wände sorgen muss. Es ist wichtig, Rückstellungen zu bilden, weil in der Zukunft Maßnahmen getroffen werden müssen, die den Fortbestand des Objektes sichern, wie beispielsweise ein neues Dach, eine neue Heizung, die Sanierung des Badezimmers etc. Viele denken, dass diese Kosten bereits mit dem zu zahlenden Hausgeld abgegolten sind. Damit ist jedoch lediglich das Gemeinschaftseigentum abgedeckt.

Gemeinschaftseigentum ist das, was von der Gemeinschaft im Objekt genutzt werden kann, sprich der Hausflur, der Keller, die Heizung, das Grundstück usw. Hierfür wird eine Instandhaltungsrücklage gebildet, die gesetzlich vorgeschrieben ist, sobald mehr als ein Eigentümer in ein Objekt investiert hat. Sofern dieser Topf ausreichend gefüllt ist, können daraus Maßnahmen gezahlt werden. Es kann vorkommen, dass bei einer Baumaßnahme wie der Erneuerung der Heizung, 15.000 € gezahlt werden müssen. Wenn nun aber nur noch 8.000 € im Topf sind, wird entschieden, wieviel für die Heizung entnommen werden soll. Der Rest wird durch die Anzahl der Eigentümer geteilt und in Form einer Sonderumlage gezahlt.

Alles, was innerhalb der eigenen vier Wänden liegt, hat mit der Instandhaltungsrücklage nichts zu tun. Hierfür kommt jeder Eigentümer alleine auf. Das bedeutet, dass zusätzlich zu den eventuellen Sonderumlagen Kosten für Maßnahmen innerhalb der Wohnung anfallen können. Ist nun von einem Haus die Rede, gibt es logischerweise kein Gemeinschaftseigentum und die Instandhaltungsmaßnahmen sind in Gänze selbst zu tragen. Das beutetet, das gesamte Dach, die gesamte Heizung etc. schlagen voll zu Buche.

Im Vergleich zu einer Mietwohnung wären Probleme dieser Art mit einem Anruf beim Vermieter oder der Hausverwaltung getan, die dann die nötigen Maßnahmen treffen, ohne dass für den Mieter Kosten entstehen. Dies ist ein entscheidender Punkt, den viele beim Vergleich von Miete und Darlehensrate vergessen.

Um die Kosten in etwa abschätzen zu können, gibt es die sogenannte Peterssche Formel. Diese sagt aus, dass ein Objekt in 80 Jahren die 1,5-fachen Herstellungskosten an Instandhaltung verschlingt, wenn nichts Außergewöhnliches passiert. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass ein Gebäude in der Errichtung ca. 1.700 € – 2.500€ pro Quadratmeter kostet, unabhängig wo es steht.

Beispielrechnung:

Kaufpreis 400.000 €
Quadratmeterzahl: 80
Herstellungskosten im Durchschnitt (2.100€ pro Quadratmeter): 168.000
Instandhaltung in 80 Jahren: 252.000 €

Üblicherweise wohnen die wenigsten Menschen 80 Jahre lang in einer Wohnung. 40 Jahre hingegen sind beim Eigentum durchaus realistisch und entsprechen in dieser Zeit Instandhaltungskosten von 126.000 €.

Miete ist nicht gleich Darlehensrate

Ein weiterer Punkt, der beim Vergleich von Miete und Finanzierungsrate oftmals nicht berücksichtigt wird, ist folgender: Die Höhe der Miete entspricht nicht unbedingt der Darlehenshöhe! Wohnt man beispielsweise in Hamburg oder München und zahlt für 80 Quadratmeter 1.300 € Miete, kommt man mit einer Rate in derselben Höhe nicht hin. In ländlichen Regionen oder Kleinstädten mag das teilweise anders sein, allerdings stellt sich dann verstärkt die Frage nach der Wertentwicklung. Allein vom Renditegesichtspunkt lohnen sich ländliche Lagen meistens nicht. (Siehe hierzu Blogartikel: In Immobilien investieren Teil Lage)
Viele sind aufgrund der hohen Preise innerorts gezwungen, umzudenken und entscheiden sich für ein Eigenheim am Stadtrand. Dieses bringt allerdings in den meisten Fällen Folgekosten und Unannehmlichkeiten mit sich, wie ein zweites Auto, ein längerer Arbeitsweg, die Kinder müssen eventuell immer zu Sport gefahren werden oder die Einkaufsmöglichkeiten sind weiter entfernt.

Der Zins macht den Kohl fett

Der Darlehenszins ist einer der wichtigsten Größen, wenn es um eine Finanzierung geht. Vielen ist allerdings nicht bewusst, was es bedeutet, diesen zu zahlen, bis das Darlehen komplett getilgt ist. In der Geschichte hatten wir durchschnittlich Darlehenszinsen von 6 %. Aktuell habe ich Finanzierungen für 100 % des Kaufpreises zu 1,5 % Zins. Diese zurzeit ungesunde Niedrigzinsphase nutzen viele aus und erwerben Eigentum. Dennoch wird der Zins irgendwann wieder steigen. Bei einem Durchschnittszinssatz von 3,5 % über den gesamten Zeitraum kommt bei einem Darlehen von 400.000 € und einer Laufzeit von 29 Jahren die astronomische Summe von 637.000 € zustande, die an die Bank gezahlt werden muss. Hier stellt sich wiederum die Frage, wem in welchem Szenario Geld in den Rachen geworfen wird. Allein von den Zinsen her könnte die Miete von 1.300 € über 16 Jahre ohne Verlust weitergezahlt werden. Und auf die 637.000 € kommen noch Instandhaltungskosten hinzu. Die Rate mit 2 % Tilgung und 3,5 % Durchschnittszins würde demzufolge 1.833 € entsprechen, wohlgemerkt nur für das Darlehen ohne Nebenkosten. Wird zu dieser Rate nun die Instandhaltung addiert kommt folgende Rechnung zustande: Die Instandhaltungskosten für 40 Jahre entsprechen 126.000€, das bedeutet 262,50 € pro Monat. Hinzu kommen Versicherung, Grundsteuer, eventuell Hausverwalterkosten für die Gemeinschaftsverwaltung und die üblichen Nebenkosten, wie Heizung, Strom und Wasser. Die Summe aus dieser Rechnung wir sich zwischen 2.300 € und 2.500 € bewegen.

Höhere Ansprüche beim Kauf

Verständlicherweise möchte niemand Kompromisse eingehen, wenn er mehrere hunderttausend Euro in die Hand nimmt und sich seine Traumimmobilie kauft. Das bedeutet, es sind viele Feinheiten wichtig, wie die richtige Fliesenfarbe, Parkplatzmöglichkeiten, die Entfernung zur Arbeit, der Fußbodenbelag und was sonst alles noch eine wichtige Rolle spielt. Die Liste der Sonderwünsche ist mitunter sehr lang, was auch vollkommen verständlich ist, wenn jemand einen Großteil seines Lebensverdienstes ausgeben möchte.
Allerdings beeinflussen genau diese Entscheidungen immens den Preis. Werden bei einer Mietwohnung meistens Kompromisse eingegangen, weil es eben kein Eigentum ist, zahlt man bei diesem für die Erfüllung seiner Wünsche ordentlich drauf.

Mieter sollte tätig werden

Nehmen wir an, jemand hat sich ein Eigenheim zugelegt und dieses tatsächlich vor seinem Renteneintritt abgezahlt. Verglichen mit einem Mieter, der sein gesamtes Vermögen bis zu diesem Zeitpunkt verkonsumiert hat, anstatt zu investieren, steht derjenige mit dem Eigenheim deutlich besser da. Damit ist gemeint, dass ein Mieter, der die Transaktionskosten eines Hauskaufes, also Grunderwerbsteuer, Notar und Makler, nicht zu zahlen hat, diese Summe schlau investieren sollte. Bei einem Objekt mit einem Kaufpreis von 400.000 € würden die Kaufnebenkosten zwischen 5,5 % und 14,5 %, also zwischen 22.000 € und 58.000 € liegen. Entscheidend für die Höhe ist das Bundesland, in dem sich die Immobilie befindet, und ob Maklercourtage anfällt oder nicht. (Alles zur Grunderwerbsteuer liest du hier)
Wenn der Mieter diese Kaufnebenkosten gut investiert, hat er gegenüber dem Eigenheim-Besitzer einen großen Vorsprung und steht am Ende besser da.

In einer Beispielsrechnung wird der Vergleich klarer. Nehmen wir eine realistische Laufzeit von 29 Jahren. Üblicherweise ist eine Immobilie mit 3,5% Zins und 2% Tilgung zu dieser Zeit abgezahlt. Als Startkapital legen wir 40.000 € zugrunde, da dies der Durchschnitt zwischen 22.000 € und 58.000 € ist. Bei einer durchschnittlichen Verzinsung von 4 % beläuft sich das Kapital ohne weitere Zuzahlung auf 125.000 €, nicht allzu berauschend. Berechnen wir allerdings die Differenz zwischen Miete und tatsächlicher Rate inklusive Nebenkosten ist da Ergebnis überraschend. Die Differenz zwischen Miete und der Gesamtbelastung eines Eigentümers liegt zwischen 1.100 € und 1.300€. Wenn nun der Mieter monatlich 1.100 € zu 4 % mit anlegen würde, wäre nach 29 Jahren eine Summe von 588.000 € angespart. Mit einer Verzinsung von 6 % sind es 782.000€ und bei 8 % sogar 1,05 Millionen.
Allerdings scheitert es in der Praxis oft an genau dieser Konsequenz des Mieters, diese finanziellen Mittel gut und schlau zu investieren, da die Anreize für das Ausgeben des Geldes groß sind. Demnach würde der Eigentümer gegenüber einem inkonsequenten Mieter am Ende des Tages vermögender sein.
Für einen fairen Vergleich muss natürlich auch eine Objektwertsteigerung in dieser Rechnung mit einkalkuliert werden. Wenn wir uns hierbei an der Inflation orientieren, die im Durchschnitt 2% beträgt, entsteht nach 29 Jahren ein Objektwert von 710.000 €.

Wenn ich eine Wohnung kaufe und dort einziehe, kann ich entgegen eines Investors, der diese vermietet, keinerlei Kosten wie Darlehenszinsen, Hausverwaltung und Renovierungsmaßnahmen in unbegrenzter Höhe steuerlich geltend machen und kann die Wohnung auch nicht abschreiben. Das bedeutet, die Transaktionskosten (Notar, Grunderwerbsteuer und Makler) sind echte Kosten, die ich alleine zu tragen habe. Entschließe ich mich dazu, umzuziehen und die Wohnung abzustoßen, ist das Geld weg. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Nebenkosten einer selbst genutzten Eigentumswohnung in etwa 100 € höher sind als wenn die gleiche Wohnung mieten würde, da ein Eigentümer mehr Posten hat als ein Mieter. Hierzu zählen zum Beispiel Grundsteuer und Verwaltung.

Das Risiko sollte bedacht werden

Für das begehrte Eigentum wird der Kaufpreis in den meisten Fällen finanziert. Hierbei sollten allerdings einige Punkte vorab durchdacht werden. Bin ich dort, wo ich lebe und arbeite glücklich oder plane ich einen Jobwechsel? Muss ich beruflich regional flexibel sein oder habe ich eventuell sogar Lust auf eine Selbstständigkeit? Traue ich mir diese Selbstständigkeit zu, wenn ich ein Darlehen von 400.000 € im Nacken habe? Die Rate muss logischerweise immer gezahlt werden, denn ich kann nicht einfach in eine günstigere Bleibe umziehen.

Wer eine eigene Wohnung kauft und in diese einzieht, plant meistens, länger darin zu verweilen und das Darlehen ganz zurück zu führen. Hierbei habe ich oft beobachtet, dass so viel Eigenkapital wie nur möglich eingebracht wird. Dadurch werden zukünftige Anschaffungen, Baumaßnahmen oder sonstige größere Ausgaben schwierig darstellbar. Urlaube fallen für die ersten Jahre flach und Dinge, wie zum Beispiel die Waschmaschine, die unerwartet ihren Dienst quittiert, müssen auf Raten gekauft werden. Sollte die Überlegung in Richtung Haus gehen, muss dieses auf jeden Fall auch eingerichtet werden, denn die Möbel aus einer 80qm Mietwohnung füllen die 140qm Einfamilienhaus nicht.

Fazit

Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, was ihm am wichtigsten ist und ob er eine Wohnung kaufen oder mieten sollte. Ich möchte niemanden vor den Kopf stoßen, der sein Eigentum bewohnt oder gar jemanden davon abhalten, sich Wohneigentum anzuschaffen. Eine Eigentumswohnung bietet gestalterisch wesentlich mehr Freiheiten als eine Mietwohnung. Rein aus Investment-Sicht rechnet es sich aber meistens nicht. Wer jedoch Wert auf die eigenen vier Wände legt und weiß, worauf er sich einlässt, soll sich den Traum ruhig erfüllen. Dann sollte diese Anschaffung aber bitte nicht als Anlage oder Investment betitelt werden.

Paul Hinrichs
6. Juli 2016

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